Grün wie in Heide: Umwege zur CO2-neutralen Automotive-Batterie aus Deutschland


Von Annegret Handel-Kempf

Quasi auf der grünen Wiese, in der schleswig-holsteinischen Region Heide, soll die Batterieproduktion in Deutschland neu aufblühen und nachhaltig auf Grün schalten. Bei dieser Standortwahl geht es um mehr als ein symbolträchtiges, idyllisches Bild, wie industrielle Produktion für Mobilitätskomponenten künftig natürlich eingebunden sein kann. In Heide verortet das schwedische Unternehmen Northvolt in einer windreichen Umgebung ein Vorhaben, das es braucht, um perspektivisch eine möglichst „grüne“ Lithium-Ionen-Batterie zu bauen: Einen mobilen und umweltfreundlichen Energiespeicher, der lediglich minimale CO2-Fußabdrücke hinterlässt.

Im Sommer 2022 sollte aus der Absichtserklärung ein Vertrag werden. Doch das Procedere zog sich hin. Die Ausgestaltung und Genehmigungsverfahren zur Infrastruktur bremsten den Abschluss. Zusätzlich die Energiekrise, die aufgrund der komplexen und für viele nicht so ganz nachvollziehbaren Preisgestaltung am Strommarkt sogar den Wind selbst dann noch teuer macht, wenn er im Überfluss da ist. Zum Jahresbeginn 2023 schlossen die Schweden zudem immer noch nicht aus, möglicherweise zuerst die USA mit einer Ansiedlung zu bedenken. – Es geht um die Höhe staatlicher Subventionen, aber nicht nur.

Ampel oder Kreisverkehr bei den Zugangsstraßen für die Zulieferer, Furcht vor einer Überlastung der Bundesstraße, wenn täglich Hunderte von Northvolt-Lieferwagen unterwegs sein könnten: Hindernisse für Technologieansiedlungen, die den Klimawandel bremsen könnten, gibt es in Deutschland immer noch viele, allen Beschleunigungsversprechen aus der Politik zum Trotz.

Es geht darum, E-Autos als das Herzstück der Mobilität der Zukunft, unterhalb des Schwerlastverkehrs, möglichst Kohlendioxid-neutral auszulegen. Ihr reichlich frischen Atem einhauchen, den es braucht, um beispielsweise in Heide jährlich 60 Gigawattstunden (GWh), die für etwa eine Million E-Fahrzeuge ausreichen, als Kapazität anzupeilen. Ganz nah am energiespendenden Wind, von dem es für eine Kohlendioxid-Emissionen herunterfahrende Automotive-Batterie-Produktion besonders viel braucht. Denn durch den Einsatz regenerativer Energien bei der Herstellung der Batterien lassen sich sogenannte „Vorkettenemissionen“ von Elektroautos um 30 bis 50 Prozent senken. Das besagt eine Studie[1] des Fraunhofer ISI zur Klimabilanz von Elektroautos aus dem Jahr 2019. Die Vermeidung von verlustreichen, langen Wegen, über die Energie zur Produktion gelangt, ist dabei ein wesentliches Element.

Batterien sind das gewichtigste Teil und zugleich das empfindlichste Glied in der Mobilität der Zukunft: Sie müssen sicher, effizient und als verlässliche Gefährten auf langen Strecken agieren. Ihre Zellen sollten langlebig, möglichst kompakt und ökonomisch sein. Um das Herzstück der Elektromobilität in extra langen Lebenszyklus zum Pochen zu bringen, entsteht ein feines Design aus klimafreundlich konzentrierter Fertigung, über ökologisch sensiblen Service bis hin zu einem nahezu 100-prozentigen Recycling aller Komponenten in CO2-sparsamen Prozessen. In Heide soll neben der Fertigung deshalb eine Anlage entstehen, in der Altbatterien und ihre knapper werdenden Rohstoffe recycelt werden.

Wie wichtig erneuerbare Energien und ihre Speicher für Umwelt, Klima und Unabhängigkeit sind, wie viel sie beitragen können, dass Mobilität und Transport nicht zum Erliegen kommen, zeigt sich in Kriegs- und Krisenzeiten besonders. Die für Elektromobilität notwendigen Batterien umweltfreundlich zu entwickeln und zu bauen, erfordert viel Sachverstand, Innovationstalent und grünes Bewusstsein.

„Jede Investition in klimaschonende Technologien stärkt die Souveränität Deutschlands und Europas. Northvolts Produktion wird konkret dazu beitragen, die Lieferketten für Elektromobilität in Deutschland und Europa zu stärken. Deshalb wird auch die Bundesregierung das Projekt substanziell unterstützen.“ So begründete Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck im März 2022 die Gewährung wichtiger, europäischer Fördermaßnahmen im gemeinsamen Interesse, aufgrund derer das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das Heide-Projekt im Rahmen des von Deutschland koordinierten 2. IPCEI zur Batteriezellfertigung (IPCEI: Important Project of Common European Interest) unterstützt.

Wird die Batteriewertschöpfungskette nachhaltig gestaltet, so kann dies im Marktgeschehen zu einer höheren Akzeptanz führen und somit ein Wettbewerbsvorteil für Europa sein. Vor diesem durch wissenschaftliche Empfehlungen[2] begleiteten IPCEI-Hintergrund lohnt es sich mehrfach, rund um die mobilen Energiespeicher auf Kohlendioxid-relevante Fertigungsfaktoren zu achten.

Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur CO2-neutralen Automotive-Batterie sollte nicht durch Diskussionen über Ampelschaltungen und Kreisverkehre in die Warteschleife geschoben werden.  Das schwedische Unternehmen Northvolt will in Heide in Schleswig-Holstein eine große Batteriezellfabrik aufbauen. Industrie mit Zukunft für die Mobilität der Zukunft: Das Investitionsvolumen soll insgesamt mehrere Milliarden Euro betragen, mehr als 3000 direkte neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Hinzu kommen all die innovativen und nachhaltig wirkenden Menschen, die bei den Partnern, den Forschungsverbünden, den Zulieferern mitwirken. Bei Northvolt in Heide, aber auch bei anderen Playern in Deutschland, in Europa und auf der ganzen Welt. Denn das Klima kennt keine Grenzen.

Die Aufgabe lässt sich meistern. Von allen, die Elektromobilität schon in der Produktion grün gestalten wollen oder müssen. Denn die gesellschaftliche Notwendigkeit und die Dringlichkeit der politischen Vorgaben, Batterien und ihre CO2-Bilanz im gesamten Lebenszyklus und in ihrem kompletten Produktionsumfeld „grün“ zu gestalten, wachsen. So wie das Gras in Heide, auch in Zukunft unbeschadet von CO2-Emissionen, die für sein Gedeihen zu viel werden könnten.


[1] »Die aktuelle Treibhausgasemissionsbilanz von Elektrofahrzeugen in Deutschland«

[2] https://vdivde-it.de/sites/default/files/document/2022-01-BZF_Nachhaltigkeitsmetrik.pdf

abgerufen am 24.03.2022

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