Spotlights und Meinung: Let’s Talk about Tennis – Wer sind die Größten?


Auf Challengern, etwa den Wolffkran Open in der Nähe von München, reifen Tennisspieler , wie Yannick Hanfmann und Dustin Brown, zu sportlichen Vorbildern und potenziellen Grand-Slam-Runden-Siegern heran. Foto: Annegret Handel-Kempf

Ein Auftakt des Tennisjahres 2022, der es in sich hat. Mit Blick auf die Deutschen, auf Leistungen beim ersten Grand Slam des Jahres, „down under“ in Australien, und auf Verhalten und Vorbildfunktionen in schwierigen Pandemie-Zeiten. Impressionen vonTag eins.

Gerade mal achteinhalb Monate ist es her, dass Tatjana Maria ihre zweite Tochter zur Welt gebracht hat. Schon zeigte die 34-Jährige wieder volle Leistung bei einem Grand-Slam-Match und machte einer Top-Ten-Spielerin bei einem „verrückten“ Schlagabtausch – so Gegnerin Maria Sakkari, die drei Breakbälle vergab – das Leben schwer. Maria, die zuverlässig für Deutschland im vormals „Fed Cup“ genannten Nationenturnier der Tennisspielerinnen antritt, verdiente zum Jahresauftakt 2022 bei den Australian Open ein paar Zehntausend Dollar für ihre Familie. – Beachtlich.

Thanasi Kokkinakis ist der Mann, der nach vielen Verletzungen als „Riesentalent“ zum Australischen Sommer 2022 wie Phönix aus der Asche stieg. Während alle Welt auf Novak Djokovic starrte, gewann Kokinakis mal eben ein Turnier. Das kostete sicherlich Kraft. Yannick Hanfmann, der einstige College-Tennisspieler, der in München bei den BMW Open schon vor Jahren für Furore sorgte, war hingegen trotz Kräfteverschleisses in der Quali top drauf. Er gewann die erste Runde des eigentlichen Turniers mit 6:2, 6:3, 6:2 gegen den Australier, der vom Publikum so intensiv unterstützt worden war, dass die für Hanfmann schwierige Geräuschkulisse – dem deutschen Reporter Jannik Schneider zufolge – noch kilometerweit zu hören gewesen war. 

Oscar Otte erreichte zum dritten Mal in Folge mindestens die zweite Runde bei einem Grand Slam. Der Kölner stand bei den US Open 2021 sogar im Achtelfinale. Ein langer Kampf um Anerkennung, auf Challengers und gegen Verletzungspech zahlt sich allmählich aus.

Daniel Altmaier, ein „junger“ Spieler, wie ihn der ein Jahr ältere Alexander Zverev nannte, war mit seiner Spielweise für die Nummer drei der Welt ein derart Unbekannter, dass dieser von dem „Youngster“ gleich im ersten Satz der ersten Runde der Australian Open ins Tiebreak geholt wurde. Zuvor hatte der 23-jährige Kempener erst einmal gegen einen Top-Ten-Athleten gespielt. Und gleich gewonnen, nämlich gegen Matteo Berrettini in der dritten Runde der French Open 2020. Jetzt hat ihn auch die deutsche Nummer eins kennengelernt.

Gegen Zverev, zum Jahresauftakt 2022, rang Altmaier auch im dritten Satz wieder um eine Entscheidungsfindung nach dem eigentlichen Spiel beim Stand von 6:6. Eine starke Leistung, dahin zu gelangen. Für Zverev ging es um mehr als den Matchgewinn, nämlich um den Einzug in die zweite Runde bei einem Grand Slam, in dem er endlich den Titel holen wollte. Mehr noch: Mit dem Titelgewinn hätte der 24-Jährige die Chance, Novak Djokovic als die Nummer eins der Welt im Tennis abzulösen. „Ich bin nicht perfekt. Das war gut, um reinzukommen“, sagte Zverev ganz locker, nachdem er schließlich sein Auftaktmatch gewonnen hatte.

Zverev war reingekommen. Novak Djokovic auch. Doch die – zu diesem Zeitpunkt noch – Nummer eins der Welt war sehr bald wieder draußen. Aus Australien. Bevor das Turnier begann. Mit einer Ausnahmeregelung im Gepäck war er gen Australien gestartet, wollte seinen 21. Grand-Slam-Titel angehen. Der Impfskeptiker wurde bei seinem Einreiseversuch am Flughafen von Melbourne von den Grenzbehörden mehrere Stunden befragt und sein Visum letztlich nicht anerkannt. Tennis Australia hatte ursprünglich bestätigt, dass ihm eine medizinische Ausnahmegenehmigung für die Grand-Slam-Teilnahme erteilt worden sei – anonym. Australischen Medien bzw. dem Gesundheitsminister zufolge, mangelte es bei Djokovics Einreise jedoch an ausreichenden Gründen, ihn den Standards entsprechend ins Land zu lassen. Formfehler und viele Fragezeichen folgten. Der Serbe, der seinen 21. Grand-Slam-Titel bei dem Turnier holen wollte, bei dem er neunmaliger Rekordsieger war, wurde nach weltweit selbst von Nicht-Tennis-Fans beachtetem Hin und Her, das auch vor Gerichten ausgetragen worden war, letztlich abgeschoben. Sein Abflug war für den Sonntag vor dem Turnierauftakt terminiert.

Der Münchner Selfmademan Peter Gojowczyk, als Qualifikant umjubelt im September 2021 bei den US Open ins Achtelfinale eingezogen, flog in Melbourne gleich in der ersten Runde raus. Wie Andrea Petkovic, die ebenfalls in der jüngeren Vergangenheit wieder sehr gute Leistungen gezeigt hatte, noch ein Jahr an ihre Karriere dranhängte, erst hoch motiviert und dann extrem enttäuscht von sich selbst war. Passiert im Tennisalltag.

Die einen fliegen so, die anderen letztlich aufgrund eigener Entscheidungen raus und zurück in die Heimat, zum nächsten Turnier oder auf einsame Inseln. Klar war am Ende des ersten Tages des „Happy Slams“ in Melbourne, dass beim nächsten Grand Slam des Jahres, den French Open, keiner anzureisen braucht, der nicht geimpft ist. Denn die Organisatoren in Paris haben bereits angekündigt, ernst zu machen mit der Impfpflicht für Teilnehmer. Frühzeitig, damit sich jeder den Schutz holen kann, der ihn noch nicht hat und ein noch Größerer werden will in der Welt des Sports. Zumindest den Zahlen nach. Moralisch und als Vorbilder für junge Sportlerinnen legen die einen immer noch zu. Für andere gibt es dem aktuellen Anschein nach nichts mehr zu holen.

Annegret Handel-Kempf

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